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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939

[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 6. Der Beginn vom Ende
[H. Reaktionen im Ausland auf die Reichskristallnacht und die Spaltung der CSSR]

[6.20. Frankreichs brutale, antisemitische Politik nach der Reichskristallnacht 1938-1939 mit Gefängnis und Konzentrationslager KZs]

[Frankreich: Einrichtung eines Zentralen Flüchtlingskomitees (Comité Central de Réfugiés)]

In Frankreich produzierte der Schock vom November unter den ansässigen Juden eine viel grössere Bereitschaft, Flüchtlingen zu helfen. Unter Robert de Rothschild wurde ein neues Zentrales Flüchtlingskomitee  (Comité Central de Réfugiés) eingerichtet. Sie nahmen zur Regierung Kontakt auf und beantragten die Aufnahme von 10.000 jüdischen Kindern (wie in England);

[Antisemitisches Frankreich: Das Gesetz gegen Flüchtlinge vom Mai 1938 wird nicht abgeschafft]

das Komitee forderte auch die Abschaffung des Gesetzes gegen Flüchtlinge vom Mai 1938 - aber vergebens. Auch wenn kein grosses Resultat dabei herausschaute, so zeigte das französische Judentum zumindest "grössere Energie und Hingabe als vorher".

(Endnote 107:
-- Hyman am Exekutivkomitee, 3/22/39 [22. März 1939]; siehe auch:
-- Executive Committee, 1/26/39 [26. Januar 1939])

[Antisemitisches Frankreich: Jüdische Flüchtlinge werden der Schweiz übergeben - und die Schweiz übergibt sie der Gestapo]

Die Reaktion der Regierung war nicht zugunsten der Juden. Flüchtlinge, die illegal von Deutschland ins Elsass einreisten, wurden über die Grenze zur Schweiz abgeschoben und dann nach Deutschland deportiert.

Das OSE [Obshchestvo Zdravookhraneniya Yevreyev, dt.: Schutz- und Gesundheitsgesellschaft für die Juden] mit seinen drei Kinderheimen mit 185 Kindern (für weitere Kinderheime stand kein Geld zur Verfügung) wurde mit 100en Flüchtlingskindern belastet "ohne Eltern oder mit Eltern, die im Gefängnis sassen, weil sie den Ausweisungsbefehl missachtet hatten. ... Die meisten dieser Kinder waren im Alter zwischen fünf und zehn Jahren."

(Endnote 108: R59, Brief von Troper, 5/16/39 [16. Mai 1939])

[Ende 1939: Antisemitisches Frankreich: 25.000 jüdische Flüchtlinge - mit 2000 aus der Ex-CSSR]

Die Anzahl der Flüchtlinge Ende 1938 belief sich auf 25.000, darunter 2000, die im März 1939 auf der Tschechoslowakei gekommen waren.

[Hilfe durch das Comité d'Assistance aux Réfugiés (CAR)]

Die Hauptlast für die Unterstützung dieser unglücklichen Leute fiel an das (S.264)

Comité d'Assistance aux Réfugiés (CAR) - gegründet im Jahr 1936 - unter Albert Levy und Robert von Rothschild. Im Frühjahr 1939 unterstützte es 10.378 Personen.

[Antisemitisches Frankreich: Gefängnis bis zu einem Jahr für jüdische Flüchtlinge - nur wenig Berufsschulung]

Die Verfolgung - es gibt dafür kein anderes Wort - durch die französischen Behörden erreichte neue Grade; Flüchtlinge wurden bis zu einem Jahr inhaftiert, und "viele, die diese Strafe verbüsst haben, wurden vertrieben."

(Endnote 109: R46, Bericht vom Januar 1939 ("January 1939 report"))

Arbeitsbewilligungen waren fast keine zu erhalten, und Berufsausbildung wurde nur für eine Splittergruppe organisiert: Im Januar 1939 bildete das Reclassement Professionel, eine französisch-jüdische Agentur, 224 Personen aus, und das ORT bildete 476 Personen aus.

(Endnote 110: ebenda [R46, Bericht vom Januar 1939 (January 1939 report)])

Im Jahr 1939, so wurde geschätzt, sind 13.500 Juden nach Frankreich eingewandert.

(Endnote 111: R21, Berichtsentwurf 1939 (draft 1939 report))

Wegen der wachsenden Feindlichkeit der französischen Regierung gegenüber den jüdischen Flüchtlingen gab es im Juni 1939 eine Sitzung mit den Hauptagenturen, die mit diesem Problem zu tun hatten - das JDC, die Alliance Israélite Universelle, andere französische Komitees, und der Jüdische Weltkongress. Das Hauptproblem, das zur Diskussion stand, war, ob in Frankreich eine öffentliche Kampagne gestartet werden sollte, um die Angelegenheit ans Licht zu bringen. Die Mehrheit der Anwesenden, miteingeschlossen Troper vom JDC, waren gegen einen solchen Kurs; man meinte immer noch, dass es am besten wäre, das Problem mit stiller Diplomatie zu lösen. Dr. Goldmann vom WJC und Marc Jarblum von der Fédération des Sociétés Juives, die die öffentliche Kampagne verlangten, waren in der Minderheit.

(Endnote 112: 15-2, Sitzung in Paris, 6/4/39 [4. Juni 1939])

Das JDC lehnte den Programmpunkt, dass die Sache mit dem jüdischen Leid an die Öffentlichkeit gebracht werden sollte, ab, und die Sache sollte auch nicht zu einer politischen Angelegenheit ausgeweitet werden. Andererseits unterstützte das JDC weiterhin die französischen Organisationen, und speziell das CAR [Comité d'Assistance aux Réfugiés] zu einem noch höheren Grad. Frankreich war alles in allem das Hauptauswanderungsland auf dem europäischen Kontinent. Und trotz der Tatsache, dass das JDC dem französischen Judentum höchst kritisch gegenüberstand, weil sie in Frankreich nur kleine Summen gesammelt hatten, so wurde so viel Geld wie möglich nach Frankreich geleitet, um so viel Hilfe wie möglich zu geben. Im Jahr 1938 gab das JDC in Frankreich 130.884 $ aus, im Jahr 1939 589.000 $.

(Endnote 113:
-- R12;
-- R21, Bericht für die Jahre 1938 und 1939)

[Ergänzung: Das französische Judentum war mit der Rothschild-Bank eines der reichsten der ganzen Welt. Es ist ein Skandal, dass das reiche französische Judentum den Flüchtlingen praktisch nicht geholfen hat, weder mit Unterkunft, noch mit Finanzierung der Weiterreise. Dies ist der Beweis für Rassismus innerhalb des weltweiten Judentums].






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