[F.] Die
"Kristallnacht" [am 9./10. November 1938]
[6.16. Das JDC nach der Reichskristallnacht -
Durcheinander bei den jüdischen Organisationen]
[Ergänzung:
Man muss dazu wissen: Die "US"-Regierung hindert ihre
rassistischen industriellen Führer in den "USA" nicht,
Hitlers Regime nach der Reichskristallnacht weiter zu
unterstützen, mit industriellen Maschinen und Komponenten
für die Maschinen. Am Ende bekommt Henry Ford vom
Hitler-Regime im Jahr 1943 sogar den höchsten Orden für
Ausländer. Es ist absolut unklar, wieso die jüdischen
Organisationen diese destruktive Zusammenarbeit zwischen
den "USA" und dem Dritten Reich ans Licht gebracht haben].
[Ab 10. Nov 1938: Neue
Spendensammlungen für die Juden im Reich -
Zusammenarbeit mit dem United Palestine Appeal - Henry
Ittleson]
Offensichtlich wurde nun, dass die Beziehungen nach aussen
nun nach dem November-Pogrom sehr viel wichtiger wurden
als bisher. Und es war klar, dass das JDC nun einen
Hauptteil der zusätzlichen Last zu tragen hatte.
Die Notwendigkeit, eine grossangelegte Spendensammelaktion
in den USA zu veranstalten, war schon durch das ganze Jahr
1938 ein Thema und erreichte seinen Höhepunkt im November.
Von unten, von der Basis aus kam der Antrag einer
Vereinigung der beiden Hauptspendensammlungen: derjenigen
des JDC, und derjenigen des United Palestine Appeal. Die
Person, die hauptsächlich verantwortlich war, die beiden
Gruppen zusammenzubringen, war Henry Ittleson, ein
Mitglied mit hohem Einfluss in denjenigen
gesellschaftlichen Teil, der auch irgendwie als deutsch-
(S.254)
jüdische Aristokratie der amerikanischen Ostküste
bezeichnet wurde. Unter Ittlesons energischer Führerschaft
fand am 23. November eine Sitzung statt unter Beteiligung
des JDC, des JPA, und des Jüdischen Gesellschafts- und
Wohlfahrtsrats (Council of Jewish Federations and Welfare
Funds (CJFWF). Es wurde entschieden, dass zusammen 20 Mio.
$ gesammelt werden sollten.
Die Gründe, die das JDC bewogen, einer gemeinsamen
Spendensammlung zuzustimmen, wurden von James N. Rosenberg
zusammengefasst: Das JDC, so sagte er, "muss den grossen
Wunsch im Land erkennen, Konkurrenz bei Spendensammlungen
zu vermeiden"; in der Stadt New York wurden gemeinsame
Sammlungen bereits von einer Anzahl professioneller
Gruppen durchgeführt, und getrennte Spendensammlungen
waren "vom amerikanischen Standpunkt aus" schädlich -
(Endnote 80: Executive Committee, 11/28/38 [28. November
1938])
vielleicht meinte er, dass getrennte Anstrengungen
angesichts der deutschen Bedrohung irgendwie unpatriotisch
seien.
[Dez 1938: United Jewish
Appeal eingerichtet - Spendensammlungen mit dem UPA und
dem Nationalen Koordinierungskomitee]
Der United Jewish Appeal wurde schlussendlich im Dezember
eingerichtet, und das JDC spielte nun darin sehr
entschieden die führende Rolle. Dem JDC sollten fast 50 %
der gesammelten Spendengelder zukommen, und der Rest
sollte hauptsächlich unter dem UPA und dem Nationalen
Koordinierungskomitee [National Coordinating Committee]
aufgeteilt werden, der Agentur zur Aufnahme und Ansiedlung
neuer Einwanderer in den USA, die mit dem JDC eng
verbunden war.
Eigentlich war das JDC war in dieses neue Abkommen
hineingedrängt worden. Die Erfahrungen mit dem UJA [UPA?]
waren in den Jahren 1934/5 nicht zufriedenstellend, und
die Erinnerungen daran waren immer noch frisch. Die
Zionisten hatten damals nur für Palästina gesammelt,
argumentierten die Mitglieder des JDC-Exekutivkomitees,
aber sie erwarteten gleichzeitig, dass das JDC direkt oder
indirekt auch an Palästina Beiträge abgebe, durch die
Unterstützung von Palästina-zentrierten Organisationen in
Europa, und durch die Zahlung von Auswanderertransporten
nach Palästina.
In den Jahren 1938/1939, nach dem Ansteigen der
Nazi-Verfolgung und mit dem wachsenden Elend in Osteuropa,
wurden die JDC-Gelder oft überstrapaziert. "Während dieser
Jahre der zusammenfallenden Tragödie wurde das Budget- und
Bereichsleiterkomitee (des JDC) zu keiner Zeit ermächtigt,
ein Budget anzunehmen, das den erforderlichen Beträgen zur
Erfüllung der minimalsten Anforderungen entsprochen
hätte", beklagte Edwin I. Goldwasser, der
JDC-Schatzmeister Ende Oktober 1938.
(Endnote 81: Executive Committee Ordner, Budget and Scope
Committee 10/31/38 [31. Oktober 1938])
Der Aufbau von Palästina war gut und recht, aber die Juden
in Europa litten und wurden verfolgt - und für sie - dies
merkte das JDC - war es in erster Linie wichtig, dass
trotzdem noch Gelder zur Verfügung standen. (S.256)
Die Juden in den USA aber begannen anders zu denken. Sie
sahen, dass die Juden Europas nicht die einzigen waren,
die in Gefahr schwebten; ihre eigene Position und
diejenige der USA könnte auch in Gefahr sein. Diese Zeiten
waren also keine Zeiten, Rivalitäten unter den
Organisationen auszutragen. Es war dann auch bequemer (und
vom Gesichtspunkt der Spendensammler auch profitabler) -
einmal jährlich für alle Bedürfnisse in Übersee ein
Sammlung abzuhalten. Es kam nun klar Druck von oben, und
der CJFWF-Rat war das Sprachrohr.
[Streit JDC - ORT]
Und doch blieb noch das Problem, wenn auch untergeordnet,
aber doch lästig, der getrennten Spendensammlungen der
kleineren Gruppen, die die grossen Sammlungen
konkurrenzieren könnten. Der Streit um diese Frage mit dem
ORT wurde dabei zu einem Ritual. Im Frühjahr 1938 wurde
eine öffentliche Presseerklärung vorbereitet, um das ORT
wegen seines separaten Spendensammlungsplans anzugreifen,
wobei gleichzeitig aufgezeigt wurde, dass 67 des
ORT-Budgets im Jahr 1937 in Tat und Wahrheit vom JDC kamen
- das waren 130.000 $.
(Endnote 82: R12, Entwurf zur öffentlichen
Presseerklärung, 3/3/38 [3. März 1938])
Am Ende, so wie immer, setzten sich moderatere
Verhandlungen durch. Die vorbereitete Presseeklärung wurde
nicht veröffentlicht, das ORT erhielt weiterhin
Zuweisungen, und die Gefahr einer separaten
Spendensammlung wurde beseitigt.
[Entlassung von
Internierten mit der Bedingung einer schnellen
Auswanderung]
Nach den November-Pogromen fegte eine Welle von panischen
Auswanderungen durch Deutschland und Österreich. Die
Internierten wurden aus den Konzentrationslagern
freigelassen, wenn sie Deutschland in einer bestimmten und
sehr kurzen Zeit verlassen würden. Wenn nicht, dann würden
sie mit Verhaftung bedroht, was oft den Tod bedeutete. Das
österreichische Beispiel fand nun also seine Nachahmer;
"Polizei und Parteileitung beharren darauf, dass die
Praxis, die in Wien erfolgreich funktioniert hat, die
Juden aus dem Land zu treiben, auch in Berlin und im
ganzen Land angewandt werden soll."
(Endnote 83: Hyman im Executive Committee, 3/22/39 [22.
März 1939])
[Jüdische Organisationen
im Durcheinander - kaum Auswanderung nach der
Reichskristallnacht]
Die vielen Tausende, die nun das Reich verliessen, mussten
unterstützt werden, wie auch jene, die hinter ihnen
standen. Während der ersten Wochen nach dem Pogrom kam die
Auswanderung aber teilweise zum Erliegen, weil die
jüdischen Institutionen in Deutschland sich im Zustand der
Desorganisation befanden.
[Der Hilfsverein kann
seine Schulden bei den Schifffahrtsgesellschaften nicht
mehr bezahlen]
Ein typisches Beispiel waren die hohen Schulden des
Hilfsvereins bei den Schifffahrtsgesellschaften, die durch
die Auswanderungen in andere Länder als Palästina
entstanden waren. Es handelte sich dabei um 55.000 Mark.
Wegen der grossangelegten Konfiskation von jüdischem
Besitz und wegen der Milliarden-Mark-Busse konnte man
diese Schulden nicht mehr zurückbezahlen.
(Endnote 84: R11, Bericht während eines Besuchs in
Deutschland, William Bein, 12/6/38 [6. Dezember 1938])
Bis Mitte Dezember wurde geschätzt, dass ein Drittel der
jüdisch-männlichen, arbeitenden Bevölkerung immer noch in
Konzentrationslagern gefangengehalten wurde; der Prozess
der Freilassungen hatte erst begonnen.
(Endnote 85: R55, 12/14/38-12/15/38 [14. Dezember 1938-15.
Dezember 1938], Sitzung in Paris)
[Unterstützung für
jüdische Schulen und Auszubildende in
Berufsausbildungen]
Die Subventionen der deutschen Regierung an die jüdische
Wohlfahrt und Schulbetriebe wurden eingestellt. Die
meisten der 20.000 jüdischen Kinder im Schulalter mussten
nun in 140 jüdische Schulen gehen, die jetzt allein von
jüdischer Unterstützung abhingen.
(Endnote 86: Bericht der RV [Reichsvertretung] für das
Jahr 1938. Im Mai 1938 gab es 68 öffentliche und 72
private, jüdische Schulen. Die Privatschulen wurden von
9844 Schulkindern besucht. Weitere 10.156 Schulkinder
besuchten deutsche oder jüdische öffentliche Schulen. Im
Juli 1939 waren immer noch 16.350 jüdische Kinder im Alter
zwischen 6 und 14 Jahren in "Alt"-Deutschland. Ich danke
meinem Kollegen Dr. Yosef Walk für diese Einzelheiten).
Unterstützung brauchten auch die 4000 Auszubildenden in
den Berufsausbildungsinstitutionen in Deutschland, und in
Österreich waren es 24.000. Einige dieser Gruppen
bereiteten sich auf landwirtschaftliche Tätigkeiten in
Südafrika oder in Palästina for, die besonders ernst zu
nehmen waren. Genau diese waren durch das Pogrom am
schlimmsten betroffen.
Nichtsdestotrotz wurde daran festgehalten, dass
Berufsausbildungen die Chancen auf Auswanderung erhöhten,
und für diese Institutionen gab es lange Wartelisten.
Im Allgemeinen konnten die deutsch-jüdischen
Organisationen und die entsprechenden österreichischen
Organisationen unter den schrecklichen Strapazen
weiterarbeiten.
[Der
Konzentrationsprozess - kleine jüdische Gemeinden
aufgelöst - Finanzhilfe - öffentliche Küchen]
Der Konzentrationsprozess in den Städten ging schnell
voran, und die kleinen Gemeinden waren in der Auflösung
begriffen. Im Bericht der Reichsvereinigung von 1939
(Nachfolger der RV, [Reichsvertretung]) stand, dass in
Preussen von den einstmals 743 Gemeinden jetzt 109
aufgelöst worden waren, 572 befanden sich im Prozess der
Auflösung, und 62 waren noch am Leben.
(Endnote 87: 28-3, 1939 Arbeitsbericht).
Dies bedeutete weitere finanzielle Belastungen,
verminderte Einkommen, und noch mehr Leid und Herzeleid.
Die Anzahl jener, die in Deutschland und Österreich
Soforthilfe benötigten, stieg konstant an, wie aus Tabelle
17 zu entnehmen ist.
Um mit all diesen Problemen fertigzuwerden, wurde die
Reichsvertretung RV gegründet. Wie wir gesehen haben, war
dies 1933 das Resultat einer jüdischen Initiative. Es
scheint, dass die Deutschen langsam auf eine
Tabelle
17: Personen mit täglicher Versorgung in
öffentlichen Küchen 1939 [in Deutschland und
Österreich]
|
Land
|
Januar
|
Mai
|
Juli
|
Deutschland
|
23.308
|
32.000
|
|
Österreich
|
22.227
|
36.207
|
34.306
|
(Endnote 88: Quellen:
-- Executive Committee, 4/19/39 [19. April
1939]; 5/22/39 [22. Mai 1939];
-- 9-19
Die jüdische Bevölkerung von Österreich betrug
1/3 der von Deutschland. Die oben angeführten
Zahlen zeigen, wie weit fortgeschritten die
Verarmung in Österreich gegenüber Deutschland
war.
|
(S.257)
Abschaffung dieses letzten Überbleibsels der
Unabhängigkeit hinarbeiteten.