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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 4. Flüchtlinge: 1933-1938
[4.3. Deutschland blockiert den Völkerbund - Gründung einer High Commission (Hochkommission) für jüdische Flüchtlinge]

[29. Sep 1933: Völkerbund-Sitzung mit Vorschlägen für jüdische Flüchtlinge - Deutschland blockiert - Beschluss für eine Kommission ausserhalb des Völkerbundes]

Am 29. September [1933] währen der 73. Sitzung des Völkerbundes in Genf machte der holländische Aussenminister, de Graaf, einen Appell an das zweite Komitee der Völkerbundsversammlung, den deutschen Flüchtlingen zu helfen. Geld, dachte er, könnte vielleicht von jüdischen Organisationen kommen, aber es war organisierte, internationale Hilfe nötig. Zu diesem Zeitpunkt jedoch war Deutschland immer noch Mitglied im Völkerbund und drohte, jeden Vorschlag zur Gründung einer Völkerbundskommission für deutsche Flüchtlinge mit dem Veto zu blockieren. Einmütigkeit war aber eine Bedingung für Entscheidungen des Völkerbundes, und deshalb waren die Deutschen nun fähig, alle Massnahmen effektiv zu blockieren. Mehrere der kleineren Nationen schlugen vor, dass eine Kommission aufgestellt werden sollte, die aber technisch gesehen ausserhalb des Völkerbundes fungieren würde. Am 11. Oktober [1933] wurde diesbezüglich im Völkerbund eine Resolution verabschiedet.

[Koordination mit den "USA" für eine internationale Kommission]

Es war von Beginn an offensichtlich, dass jegliche internationale Kommission dieser Art auch Vertreter der USA beinhalten musste, wenn etwas Effektives damit erreicht werden sollte. Die Holländer hatten sich am 28. September in der Schweiz auch tatsächlich mit den amerikanischen Vertretern zusammengetan, der Tag vor ihrem abgelehnten Vorschlag im Völkerbund, und hatten bei ihnen um Hilfe für die Aufstellung einer Kommission gebeten.

(Endnote 7: Foreign Relations of the United States [Aussenbeziehungen der USA] (1933), 3.366)

Die amerikanisch-jüdischen Organisationen waren an einer solchen Kommission sehr interessiert, die den Flüchtlingen internationale Hilfe zuteil werden lassen würde (S.141)

und es war ihnen auch bewusst, dass der Erfolg einer solchen Kommission auch von der Persönlichkeit abhängen würde, von der sie geführt würde. Deswegen, schrieb am 18. Oktober Henry Morgenthau Senior an den Aussenminister Cordell Hull den Vorschlag, dass James G. McDonald, seit 1918 ein respektiertes Mitglieder des Personals der New York Times von der Aussenpolitischen Gesellschaft, dazu nominiert würde. Bezeichnenderweise fügte er hinzu, dass dieser Vorschlag die Unterstützung von beiden amerikanisch-jüdischen Komitees hätte, vom Amerikanisch-Jüdischen Komitee (American Jewish Committee) und vom Verteilungskomitee JDC.

(Endnote 8: WYC, Box 303 (b), Morgenthau an Hull, 10/18/33 [18. Oktober 1933])

[McDonald wird als Hochkommissar für die Flüchtlinge (Juden und andere) aus Deutschland nominiert]

Die Unterstützung der beiden eng befreundeten Agenturen war überhaupt nicht überraschend. Die Times war im Besitz von jüdischen Liberalen der alten Schule, und McDonald, ein aufrichtiger Christ und Humanist, hatte sich den Respekt der Juden und gleichzeitig der Nichtjuden erworben. Zudem war er aber ein persönlicher Freund von Felix M. Warburg, und Warburg hatte offensichtlich seine Kandidatur mit Morgenthau unterstützt. In seinem Brief an Roosevelt vom 19. Oktober [1933] sagte Hull, dass er denke, dass tatsächlich ein Amerikaner für den Posten vorgeschlagen werden sollte, aber er selbst war in keinster Weise enthusiastisch über die amerikanische Verstrickung in diese grundsätzlich europäische Angelegenheit. Im Falle, dass der Präsident anders denken würde, schlug Hull eine Reihe prominenter Amerikaner vor, die für den Fall sonst noch in Frage kämen; McDonalds Name war nicht darunter - offensichtlich hat Morgenthaus Brief entweder Hull nicht erreicht, oder wurde ignoriert. Und ausserdem dachte Roosevelt in der Tat anders, und McDonald wurde für den Posten zum "Hochkommissar für Flüchtlinge (jüdische und andere) aus Deutschland" nominiert, und am 26 Oktober wurde er dazu vom Völkerbund bestimmt.

[Strukturen der Hochkommission ("High Commission")]

Zwölf Mitgliederstaaten bildeten den führenden Apparat der Hochkommission, unter Vorsitz von Viscount Cecil von Chetwood. Die USA wurden vertreten durch Prof. Joseph P. Chamberlain von der Universität Columbia, und Flüchtlingsexperte. Ein beratendes Gremium von Freiwilligenorganisationen umfasste 20 Körperschaften, 10 davon jüdisch.

[Missbrauch der jüdischen Organisationen: Sie sollen alle Probleme alleine lösen - naive JDC-Führung]

Sofort nach der Kommissionsgründung wurde es klar, dass zumindest einige Regierungen die Kommission als bequemes Mittel betrachteten, das ganze Problem und die Handhabung des Problems den jüdischen Organisationen zu überlassen, so gut es eben ging. Hier, wie auch in (S.142)

so vielen anderen Fällen in den 1930er Jahren, bewies die zentrale Führung des Verteilungskomitees JDC, dass sein Verständnis für internationale Politik, wie sie gegenüber jüdischen Problemen angewandt wurde, durch Naivität charakterisiert war, die manchmal absolut unglaublich schien.







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