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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 4. Flüchtlinge: 1933-1938
[4.1. Erste Auswanderungswelle 1933 generell]

[Auswanderung 1932 und weltweite Wirtschaftskrise]

Der Beginn des Exodus der Juden aus Deutschland im Jahr 1933 traf die jüdischen philanthropischen Organisationen, die wenig Geld hatten, vollständig. Das Verteilungskomitee JDC hatte im Jahr 1932 gerade mal 340.815 $ ausgegeben, und mit der Wirtschaftskrise in den USA, die damals ihren Höhepunkt erreichte, war die Aussicht für zusätzliche Gelder aussichtslos.

[1933: Die erste Auswanderungswelle ohne Vorbereitung misslingt teilweise]

Wie wir gesehen haben, wurde die Anzahl jüdischer Flüchtlinge zuerst übertrieben: Im Jahr 1933 verliessen ungefähr 37.000 Juden Deutschland. Der Unterschied entstand durch die Tatsache, dass eine beträchtliche Anzahl deutscher Juden kurz danach nach Deutschland zurückkehrte.

(Endnote 1: R17, 10/19/34 [19. Oktober 1934] - JDC Memorandum von Paris an das JDC Allocation Committee; dort wurde festgestellt, dass 1933 59.300 Personen geflohen waren, von denen waren 51.000 Juden. Bis April 1934 wurde angegeben, dass sich diese Zahl auf 63.400 resp. auf 54.500 erhöht hatte. Der Bericht des JDC für 1933 (R19) besagt, dass 1933 52.365 Juden aus Deutschland geflohen waren).

Der Grund dafür war der feindliche Empfang, der ihnen in den Flüchtlingsländern bereitet wurde. Sie waren unvorbereitet,  und die kurzfristig einberufenen jüdischen Komitees waren nicht finanziert und unfähig, mit dem Flüchtlingsstrom fertigzuwerden. Die Flüchtlinge selbst waren oft bestürzt über die Not, dass die Freiheit für sie nicht auf Lager war, und auch für jene, die meist einen Mittelklasse-Hintergrund hatten, war sie nicht vorbereitet.

Dies war speziell so in Frankreich, wohin die Mass der Flüchtlinge 1933 floh (ungefähr 21.250). Es sollte daran erinnert werden, dass in diesem ersten Jahr ein hoher Prozentsatz der Flüchtlinge (72-74 %) in Europa blieben, weil sid für eine Auswanderung nach Übersee nicht vorbereitet waren.

(Endnote 2: Siehe Kapitel 3, Endnote 19).
[Werner Rosenstock: Exodus 1933-1939; In: Leo Baeck Yearbook; London 1956, 1:373-90. Der Autor gründet seinen Artikel von Dr. Kurt Zielenzieger in der Dezemberausgabe des Londoner Journals: Population)].

Dieses Bild sollte in materiellen Fragen in den folgenden Jahren geändert werden.

Die jüdischen Organisationen versuchten, den Flüchtlingen zu helfen. Im frühen Frühling 1933 wurde von den führenden jüdisch-philantropischen Gruppen eine Konferenz (S.138)

Tabelle 7: Jüdische Auswanderung aus Deutschland, 1933-1937*
(*basierend auf Werner Rosenstock; siehe Endnote 2)
Jahr
1933
1934
1935
1936
1937
Total
Anzahl Auswanderer
37.000
23.000
21.000
25.000
23.000
129.000**
** Von diesen [129.000], bekamen 85.490 Hilfe vom Zentralausschuss (ungefähr 66 % von allen). Von denen, die Hilfe empfingen, wurden 44.311 "repatriiert", vor allem nach Polen und in andere osteuropäische Länder; 17.130 gingen nach Palästina, 10.196 in europäische Länder, und 13.853 nach Übersee. Der grosse Anteil der Repatriierten unter jenen, die Hilfe empfingen, ist wegen der Armut der vielen osteuropäischen Juden, die nach 1918 in Deutschland gesiedelt hatten. Der Prozentsatz der Gesamtzahl der Auswanderer, die nach Übersee oder nach Palästina gingen, wuchs von 7-9 % im Jahr 1933 auf 41-46 % im Jahr 1936, und 60 % im Jahr 1937 (siehe auch JDC Primer (New York 1945).

in Paris abgehalten, zusammengerufen von Kahn, über alle Absichten und Vorschläge. An Ort und Stelle wurden drei Millionen Francs (160.000 $) verteilt - je eine Million durch das Verteilkomitee JDC, die Alliance Israélite Universelle, und durch die ICA [Jewish Colonization Association]. Ein kleines Lenkungskomitee, zusammengesetzt von Neville Laski von der Britischen Behörde der (jüdischen) Abgeordneten, Dr. Louis Oungre für die ICA, und Kahn, musste das Geld verteilen. Mit diesen Geldern - so wurde gehofft - könnte man Lohnkassen in Deutschland einrichten, Flüchtlinge in Frankreich und in anderen Ländern mit dem Nötigsten versorgen, und Emigrationsarbeit und Siedlungsarbeit finanzieren. Die Summen wurden bald als ungenügend befunden, speziell die 250.000 Francs für die Flüchtlinge in Frankreich.

Neben den gut etablierten Organisationen wie JDC, ICA und der Alliance organisierte nun das britische Judentum selbst eine effektive Hilfe für die Flüchtlinge. Im März 1933 wurde ein altes Komitee, das russisch-jüdischen Einwanderern in England geholfen hatte, in ein Jüdisches Flüchtlingskomitee umgewandelt ("Jewish Refugees Committee"), geleitet von Otto M. Schiff, ein Cousin von Felix M. Warburgs Frau. Ganz gegen die amerikanische Praxis fanden durch eine Delegation mit Schiff, Neville Laski, der Abgeordnetenbehörde, und Leonard Montefiore (S.139)

von der mehr konservativen Englisch-Jüdischen Gesellschaft, Treffen mit den Offiziellen des Innenministeriums in London statt. Die jüdischen Abgeordneten versicherten der britischen Regierung, dass die jüdischen Flüchtlinge, die in England ankamen, nicht zur öffentlichen Belastung werden würden. Ein Akademischer Hilfsrat unter Leitung von Sir William Beveridge versuchte, intellektuellen Flüchtlingen zu helfen, und es gelang ihm, über 200 solchen Personen während der ersten zwei Jahre der Nazi-Verfolgung zu helfen. Ein separates Jüdisches Akademisches Komitee half dem Fachpersonal.







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