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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 3. Deutschland: 1933-1938
[3.13. Wettbewerb im Spendensammeln zwischen JDC und den Zionisten - Auswanderung von 174.803 Juden 1933-1937]

[In den "USA" sind Zionisten und das JDC Konkurrenten beim Spendensammeln]

Das Problem des Zionismus hatte in einem beträchtlichen Masse auch Auswirkungen auf das JDC, jedoch von einem anderen Standpunkt aus. In den USA waren die Palästina-Organisationen (Palestine appeals) die direkten Konkurrenten des JDC, was die Anstrengungen beim Spendensammeln betraf. Von einem praktischen wie auch von einem ideologischen Standpunkt aus übertrieb das Verteilungskomitee JDC das Palästina, wenn auch dessen Beitrag zur Lösung des deutsch-jüdischen Problems nicht die alleinige Lösung sein konnte. Hyman, ein Mann, der bei Problemen jeweils einen tieferen Sinn der Dinge und Abläufe suchte, bezeichnete den Zionismus in diesem Zusammenhang als eine Jahrtausend-Bewegung. Er spottete über die Idee, dass bis zum Erreichen der Jahrtausendwende mit Hilfe des einen oder anderen Programms nichts getan werden sollte, weil in der Tat "alle anderen Dinge eher beschönigend waren."

(Endnote 71: Hyman an Janowsky, 11/24/37 [24. November 1937], R13)

Die Zionisten dachten in Begriffen einer nationalen Zukunft und einer allumfassenden Lösung, wogegen das Verteilungskomitee JDC dazu neigte, die unmittelbaren praktischen Probleme zu lösen, das hiess, den verfolgten Juden zu helfen. Die Zionisten waren ihrerseits bestrebt, die Rettungswege zu minimieren, die nicht nach Palästina führten, mindestens bis 1937/1938, und oft dachten sie nicht ernsthaft über Rettungsmöglichkeiten für Juden nach, sie in andere Länder zu schicken; während das JDC nicht hinter die unmittelbaren Kulissen schauen konnte und auch nicht von seinem kosmopolitischen Konzept abrücken konnte, das in der liberalen Vor-Hitler-Zeit wohl seine Gültigkeit hatte, aber nun im Zeit der wachsenden Katastrophe für das europäische Judentum nur noch wenig Wert besass.

[174.803 Auswanderer aus Deutschland 1933-1937]

Praktisch gesehen hatten von 1933 bis 1937 38.043 der 174.803 Auswanderer aus Deutschland in Palästina Zuflucht gefunden.

Dies is ist insofern bedeutend, als man bedenken muss, dass diejenigen, die nach Palästina einreisten, dort siedelten und integriert wurden, während die Mehrheit, die in Europa blieb nirgendwo siedeln konnten oder integriert wurden.

[Die Araber werden nicht gefragt, und das Herzl-Büchlein von 1896 behauptet immer ganze legal, dass Araber so vertrieben werden können wie die Indianer in den "USA"...]

Hyman war sehr über die pro-Palästina-Äusserungen beunruhigt, die von vielen liberalen jüdischen Führern in Deutschland kamen. Diese hatten den Effekt, dass "alles in Deutschland hoffnungslos war, ... praktisch alle wollen nach Palästina gehen." Die logische Schlussfolgerung dieser Angewohnheit, so sagte er, war, dass die Palästina-Arbeit und das Palästina-Programm die einzige Art von Programmen war, die die amerikanischen Juden unterstützen sollten. Das war das, was am meisten zu beklagen war, sagte Hyman; sicherlich war das JDC berechtigt, durch die jüdischen Führer in Deutschland bestärkt zu werden, indem die Institutionen einen Hilfs- und Unterstützungsappell herausgeben würden, der in Deutschland selbst durchzuführen wäre. Dies trotz des "vollen Bewusstseins (S.136)

zu dem, was Palästina für diese deutschen Juden bedeutete."

Hyman dachte, dass die deutschen Juden eine Stellungnahme abgeben sollten, dass Palästina nicht der einzige Ausweg war - der natürlich, praktisch gesprochen, keiner war.

(Endnote 72:
-- Die Statistiken stammen von einem Artikel von Max Birnbaum m Jüdischen Gemeindeblatt für die Synagogengemeinden in Preussen und Norddeutschland, 4/4/1938 [4. April 1938]
-- Hyman an Kahn, 10/11/35 [11. Oktober 1935], CON. 2;
-- Hyman erklärte seine Position in einem im Jahr 1937 publizierten Artikel Proceedings von der Nationalen Konferenz für jüdische Sozialhilfe im Jewish Social Service Quarterly (R12). Nicht-Zionisten, so sagte er, sehen nichts schlechtes, den Kommunismus zu unterstützen, wenn dies heissen würde, dass Millionen Juden in die russische Wirtschaft integriert würden; gleichzeitig können sie "immer mehr den Aufbau einer grossen jüdischen Flüchtlingssiedlung und kulturelle Entwicklung in Palästina aufbauen und sich dabei selbst als zeitgenössische oder potentielle Elemente der jüdischen Nation mit Zentrum in Palästina ansehen." Während Palästina Massen von Einwanderern aufnehmen konnte, "lehnen gewisse Gruppen die dauernde Betonung auf Palästina ab", wenn damit eine Nationalbewegung gemeint ist. Das Hauptziel der Nicht-Zionisten war "die Integration der Juden in das Leben ihres Heimatlandes, oder Geburtslandes, oder Aufnahmelandes.")

[Das Hitler-Regime unterstützt den Zionismus zur Auswanderung nach Palästina]

Kahn stimmte dem zu, aber erklärte auch, dass die Nazis den Zionismus unterstützen würden, weil dies die grösste Auswanderung von Juden aus Deutschland versprach; demzufolge konnten deutsch-jüdische Führer keine Stellungnahmen über andere Auswege abgeben. Noch weniger konnten sie den Wunsch erwähnen, dass die jüdischen Institutionen in Deutschland bleiben sollten. Die Nazis hatten ein Treffen in Deutschland einfach deswegen aufgelöst, weil der Sprecher gesagt hatte, "Wir haben für diejenigen Leute zu sorgen, die ausreisen, und für diejenigen Juden, die in Deutschland bleiben müssen."

(Endnote 73: Kahn an Hyman, 11/3/35 [3. November 1935], CON 2)

[Im NS-Regime existieren grosse Lügen: Die Anzahl Visas wird nicht erhöht, und am Ende wird geplant, Palästina durch NS-Armeen zu besetzen. Dann hätten die jüdischen Siedler die Strukturen in Palästina aufgebaut, und die NS-Armeen könnten "übernehmen"...]

[Der Zionismus sucht auch andere Auswanderungsländer als nur Palästina]

Die weitgehende Reduktion der Auswanderung nach Palästina im Jahr 1936 - es wanderten in diesem Jahr aus Deutschland nur 12.929 Juden dorthin aus - änderte in einem gewissen Masse die zionistische Politik. Was Weizmann betrifft, so hat er nie einen richtig eigenen Standpunkt vertreten, und viele einzelne Zionisten teilten seinen Standpunkt: Jetzt begannen die Zionisten bei der Suche nach anderen Auswegen zu kooperieren. Trotz der Einwänder von Zionisten für Palästina aus nationalen und historischen Gründen wurden die Unterschiede zwischen den einen und den anderen kleiner. Das JDC liess seine Zweifel über die Unterstützung von Auswanderung fallen und sah nun, dass das Unterhalten von Institutionen in Deutschland nicht mehr als eine Schadensbegrenzung war. Die Zionisten ausserhalb Deutschlands wiederum begannen die Wichtigkeit zu begreifen, dass diese Institutionen so lange in Deutschland gehalten werden mussten, wie Juden in Deutschland lebten, die auf sie angewiesen waren. Die beiden Hauptflügel des jüdischen Lebens kamen sich langsam aus rein praktischen Gründen näher, je mehr die 1930er Jahren fortschritten, und die Situation in Deutschland wurde immer komplizierter und komplizierter.







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