[2.4. Der Import von Garn nach Russland durch den
Agro-Joint 1929]
[1929: Einfuhr von 20 Tonnen
Garn für jüdische Kleinbetriebe]
Eine der interessanteren Unternehmungen in diesem Zusammenhang
- auch in einem etwas fremden Aspekt - war der Import von
Garn. Garn - Baumwollgarn vor allem - gab es nur in kleinen
Mengen, und diese Tatsache verursachte bei vielen jüdischen
Handwerkern ein grosses Leid, die in der Stickerei und anderen
verwandten Beschäftigungen ihre Beschäftigung hatten. Es war
einfach unmöglich, russisches Garn zu bekommen. Rosen
importierte im Jahr 1929 zusammen mit der
Ausbildungsorganisation ORT 20, die z.T. vom JDC unterstützt
wurde, Tonnen Garn.
Die 69 Kooperativen, die das Garn kauften, mussten dafür hohe,
von der Regierung festgelegte Preise bezahlen. Folglich
bezahlte jede der beiden Organisationen widerwillig für die
Transaktion 83.000 Rubel. So wurden 3000 jüdische Kustaren mit
Rohmaterial versorgt. Diese Unternehmung wurde im Jahr 1930
wiederholt. In den Jahren 1930 und 1931 realisierte der
Agro-Joint durch diese Importe einen Profit von 309.000 und
325.000 Rubel; sie investierten einen Teil des Geldes in
Kredite und Darlehen an die Gesellschaften und brauchten den
anderen Teil des Profits, um Verwaltungskosten zu decken.
[1929: 5-Jahres-Plan: Rosen
ist skeptisch]
Im Jahr 1929, zu Beginn des 5-Jahres-Plans, änderte sich die
ganze Situation. Zuerst glaubte Rosen nicht, dass die
Regierung das Investitionsprogramm weiterführen würde. Er
sprach von "einer immens überanstrengten
Investitionsentwicklung in der Industrie", und er sagte, dass
"die Regierung dies in einem viel grösseren Massstab tat, als
es die Bedingungen zuliessen."
(Endnote 23: AJ 2, 2/13/30 [13. Februar 1930], p.3)
[Nov 1931: 5-Jahres-Plan:
Rosen sieht Verspätungen im Plan voraus - Rosen plant Hilfe
für die jüdischen Handwerker]
Im November 1931 glaubte Rosen eigentlich, dass die
sowjetische, wirtschaftliche Entwicklung zumindest
vorübergehend im Rückstand sein würde. "Mit einer
industriellen Entwicklung im Rückstand", so sagte er, "wird
ein grosser Teil der arbeitenden Leute entlassen werden und
die Juden werden die ersten sein, die gehen müssen, weil sie
die letzten waren, die die Reihen gefüllt haben." Er fügte
hinzu, "Natürlich werden sie vorübergehend auf die Höfe
zurückkehren müssen."
(Endnote 24: AJ 2, 11/12/31 [11. Februar 1931]
(Pressekonferenz)]
Er und seine Verbündeten glaubten an die dauernde
Notwendigkeit, den jüdischen Handwerkern zu helfen, und ihre
Möglichkeiten zu vergrössern. Sogar (S.78)
wenn die Industrialisierungsfortschritte in Teilen Erfolg
haben mochten, würden die Handwerker immer noch gebraucht
werden, und jeglicher Industrialisierungsplan, der der
Anstrengung der Regierung parallel laufen würde, hätte doch
einen Produktionserfolg, wenn auch in kleinem Massstab. Dies
bedeutete nicht, dass einige jüdische Handwerker nicht
weitergebildet und in den Regierungsindustrien integriert
werden konnten. Solche Weiterbildung wäre sicherlich
wünschenswert, aber die Masse der jüdischen Handwerker würde
Hilfe brauchen, um sich selbst in den jetzigen Beschäftigungen
halten zu können.
Es ist von Interesse festzustellen, dass einige sowjetische
Vertreter offensichtlich Rosen in dieser Hinsicht ermunterten.
[13. Nov 1929: Rosen schlägt
für jüdische Handwerker ein Industrialisierungsprojekt vor -
kein Garnimport mehr - Plan für eine Garnproduktion mit
Spinnereien in Russland selbst]
Am 13. November 1929 schlug er ein Industrialisierungsprojekt
vor, das die jüdischen Handwerker in Russland auf eine solide,
selbsttragende Basis stellen sollte, wie auch immer der
5-Jahres-Plan ausgehen mochte. Die zwei Hauptziele des
Programms waren:
1. Platzierung mehrerer 1000 junger, jüdischer Arbeiter in
Regierungsfabriken in Zusammenarbeit mit der obersten
Wirtschaftsrat, gemäss der Richtlinie des 5-Jahres-Plans
2. Versorgung der Basen für die Produktion von Rohmaterialien
für die jüdischen Handwerker - Mitglieder der jüdischen
Kreditgesellschaftsverbänden - unabhängig von Importen und
unabhängig von der Regierungsversorgung.
Was den Punkt 2 angeht, der die Hauptsache war, wo waren drei
Handelszweige dieser Zeit "jüdisch": Stickerei, Weberei, und
Holzarbeiten. Die Idee, den Garnimport noch einmal zu
wiederholen, wurde fallengelassen.
Für den Import von Rohmaterial müssten Dollars ausgegeben
werden und dann in Rubel umgetauscht werden, die nicht in
Dollars zurückgetauscht werden konnten, um einen sich
erneuernden Fond zu versorgen. Deshalb wurde vorgeschlagen,
dass zur Produktion von Rohmaterial drei Fabriken eingerichtet
werden sollten:
-- eine handwerkliche Seidengarnspinnerei in Kiew, für die das
Rohmaterial (Zellulose) verfügbar war;
-- eine Wollgarnspinnerei in Simferopol
-- und eine Baumwollgarnspinnerei in Charkow.
Zusammen würden diese drei Fabriken an ungefähr 10.500
Handwerkern von 260.000 jüdischen Handwerkern in Russland
Rohmaterial liefern können. Die Finanzierung wurde vom JDC
geleistet, wie die Finanzierung vom AMSOJEFS: durch private
Zeichnungen. Die erste Phase hätte 1,5 Mio. $ zum Ziel, über
drei Jahre verteilt, und die Zeichner würden Regierungs-
(S.79)
Schuldscheine zu 5 % Zins erhalten. Ein Teil des Geldes würde
noch in Einfuhren investiert, wie Nadeln und einige Maschinen,
und die Rubelabläufe dieser Operation würde die Ausbildung
begabter Arbeiter und Handwerker finanzieren.
(Endnote 25: AJ 58)
Unter den Zeichnern von vielen AMSOJEFS machte sich durch den
Plan Enthusiasmus breit. Es war schlussendlich logisch, die
bäuerliche Siedlung durch einen parallelen
Industrialisierungsplan zu versorgen, der das jüdische Problem
zu lösen helfen sollte - so dachten sie - indem die Juden so
ausgebildet wurden, dass sie sich in einem gleichwertigen und
integrierten Teil der sowjetischen Gesellschaft einpassen
konnten. Es wurde um Zeichnungen geworben, und Rosenwald
stimmte wiederum zu, dass jegliche gesammelte Summe an die 3/8
der Sammlung vorgesehen werde; er selbst würde die anderen 5/8
spenden.
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