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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939

[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 2. Agro-Joint [die Russland-Arbeit 1919-1938]

[2.4. Der Import von Garn nach Russland durch den Agro-Joint 1929]

[1929: Einfuhr von 20 Tonnen Garn für jüdische Kleinbetriebe]

Eine der interessanteren Unternehmungen in diesem Zusammenhang - auch in einem etwas fremden Aspekt - war der Import von Garn. Garn - Baumwollgarn vor allem - gab es nur in kleinen Mengen, und diese Tatsache verursachte bei vielen jüdischen Handwerkern ein grosses Leid, die in der Stickerei und anderen verwandten Beschäftigungen ihre Beschäftigung hatten. Es war einfach unmöglich, russisches Garn zu bekommen. Rosen importierte im Jahr 1929 zusammen mit der Ausbildungsorganisation ORT 20, die z.T. vom JDC unterstützt wurde, Tonnen Garn.

Die 69 Kooperativen, die das Garn kauften, mussten dafür hohe, von der Regierung festgelegte Preise bezahlen. Folglich bezahlte jede der beiden Organisationen widerwillig für die Transaktion 83.000 Rubel. So wurden 3000 jüdische Kustaren mit Rohmaterial versorgt. Diese Unternehmung wurde im Jahr 1930 wiederholt. In den Jahren 1930 und 1931 realisierte der Agro-Joint durch diese Importe einen Profit von 309.000 und 325.000 Rubel; sie investierten einen Teil des Geldes in Kredite und Darlehen an die Gesellschaften und brauchten den anderen Teil des Profits, um Verwaltungskosten zu decken.

[1929: 5-Jahres-Plan: Rosen ist skeptisch]

Im Jahr 1929, zu Beginn des 5-Jahres-Plans, änderte sich die ganze Situation. Zuerst glaubte Rosen nicht, dass die Regierung das Investitionsprogramm weiterführen würde. Er sprach von "einer immens überanstrengten Investitionsentwicklung in der Industrie", und er sagte, dass "die Regierung dies in einem viel grösseren Massstab tat, als es die Bedingungen zuliessen."

(Endnote 23: AJ 2, 2/13/30 [13. Februar 1930], p.3)

[Nov 1931: 5-Jahres-Plan: Rosen sieht Verspätungen im Plan voraus - Rosen plant Hilfe für die jüdischen Handwerker]

Im November 1931 glaubte Rosen eigentlich, dass die sowjetische, wirtschaftliche Entwicklung zumindest vorübergehend im Rückstand sein würde. "Mit einer industriellen Entwicklung im Rückstand", so sagte er, "wird ein grosser Teil der arbeitenden Leute entlassen werden und die Juden werden die ersten sein, die gehen müssen, weil sie die letzten waren, die die Reihen gefüllt haben." Er fügte hinzu, "Natürlich werden sie vorübergehend auf die Höfe zurückkehren müssen."

(Endnote 24: AJ 2, 11/12/31 [11. Februar 1931] (Pressekonferenz)]

Er und seine Verbündeten glaubten an die dauernde Notwendigkeit, den jüdischen Handwerkern zu helfen, und ihre Möglichkeiten zu vergrössern. Sogar (S.78)

wenn die Industrialisierungsfortschritte in Teilen Erfolg haben mochten, würden die Handwerker immer noch gebraucht werden, und jeglicher Industrialisierungsplan, der der Anstrengung der Regierung parallel laufen würde, hätte doch einen Produktionserfolg, wenn auch in kleinem Massstab. Dies bedeutete nicht, dass einige jüdische Handwerker nicht weitergebildet und in den Regierungsindustrien integriert werden konnten. Solche Weiterbildung wäre sicherlich wünschenswert, aber die Masse der jüdischen Handwerker würde Hilfe brauchen, um sich selbst in den jetzigen Beschäftigungen halten zu können.

Es ist von Interesse festzustellen, dass einige sowjetische Vertreter offensichtlich Rosen in dieser Hinsicht ermunterten.

[13. Nov 1929: Rosen schlägt für jüdische Handwerker ein Industrialisierungsprojekt vor - kein Garnimport mehr - Plan für eine Garnproduktion mit Spinnereien in Russland selbst]

Am 13. November 1929 schlug er ein Industrialisierungsprojekt vor, das die jüdischen Handwerker in Russland auf eine solide, selbsttragende Basis stellen sollte, wie auch immer der 5-Jahres-Plan ausgehen mochte. Die zwei Hauptziele des Programms waren:

1. Platzierung mehrerer 1000 junger, jüdischer Arbeiter in Regierungsfabriken in Zusammenarbeit mit der obersten Wirtschaftsrat, gemäss der Richtlinie des 5-Jahres-Plans

2. Versorgung der Basen für die Produktion von Rohmaterialien für die jüdischen Handwerker - Mitglieder der jüdischen Kreditgesellschaftsverbänden - unabhängig von Importen und unabhängig von der Regierungsversorgung.

Was den Punkt 2 angeht, der die Hauptsache war, wo waren drei Handelszweige dieser Zeit "jüdisch": Stickerei, Weberei, und Holzarbeiten. Die Idee, den Garnimport noch einmal zu wiederholen, wurde fallengelassen.

Für den Import von Rohmaterial müssten Dollars ausgegeben werden und dann in Rubel umgetauscht werden, die nicht in Dollars zurückgetauscht werden konnten, um einen sich erneuernden Fond zu versorgen. Deshalb wurde vorgeschlagen, dass zur Produktion von Rohmaterial drei Fabriken eingerichtet werden sollten:

-- eine handwerkliche Seidengarnspinnerei in Kiew, für die das Rohmaterial (Zellulose) verfügbar war;
-- eine Wollgarnspinnerei in Simferopol
-- und eine Baumwollgarnspinnerei in Charkow.

Zusammen würden diese drei Fabriken an ungefähr 10.500 Handwerkern von 260.000 jüdischen Handwerkern in Russland Rohmaterial liefern können. Die Finanzierung wurde vom JDC geleistet, wie die Finanzierung vom AMSOJEFS: durch private Zeichnungen. Die erste Phase hätte 1,5 Mio. $ zum Ziel, über drei Jahre verteilt, und die Zeichner würden Regierungs- (S.79)

Schuldscheine zu 5 % Zins erhalten. Ein Teil des Geldes würde noch in Einfuhren investiert, wie Nadeln und einige Maschinen, und die Rubelabläufe dieser Operation würde die Ausbildung begabter Arbeiter und Handwerker finanzieren.

(Endnote 25: AJ 58)

Unter den Zeichnern von vielen AMSOJEFS machte sich durch den Plan Enthusiasmus breit. Es war schlussendlich logisch, die bäuerliche Siedlung durch einen parallelen Industrialisierungsplan zu versorgen, der das jüdische Problem zu lösen helfen sollte - so dachten sie - indem die Juden so ausgebildet wurden, dass sie sich in einem gleichwertigen und integrierten Teil der sowjetischen Gesellschaft einpassen konnten. Es wurde um Zeichnungen geworben, und Rosenwald stimmte wiederum zu, dass jegliche gesammelte Summe an die 3/8 der Sammlung vorgesehen werde; er selbst würde die anderen 5/8 spenden.

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